Mutterschutz nach Fehlgeburt - was lange fehlte ist jetzt Gesetz
- Susann Hinz
- 4. Juni
- 2 Min. Lesezeit

Seit dem 1. Juni 2025 gilt in Deutschland eine neue Regelung im Mutterschutz. Frauen, die eine Fehlgeburt ab der 13. Schwangerschaftswoche erleben, haben nun Anspruch auf eine gesetzlich geregelte Schutzzeit. Ein überfälliger Schritt, der einen sensiblen und bislang wenig beachteten Bereich des Arbeitslebens endlich ernst nimmt.
Insbesondere in meiner Arbeit in der Personalabteilung war ich mehrfach mit solchen Situationen konfrontiert. Es war immer spürbar, wie sehr betroffene Mitarbeiterinnen rangen – mit dem Verlust, mit ihrer Rolle, mit der Erwartung, schnell wieder einsatzbereit zu sein. Gleichzeitig standen Führungskräfte oft vor der Frage: Was ist angemessen? Was ist rechtlich möglich? Und was ist menschlich richtig?
Die neue Regelung im Überblick
Bisher bestand kein Anspruch auf Mutterschutz nach einer Fehlgeburt – außer im Fall einer Totgeburt nach der 24. Schwangerschaftswoche. Alles davor wurde individuell über Krankschreibungen geregelt.
Nun gelten erstmals klare Schutzfristen:
ab der 13. Schwangerschaftswoche: 2 Wochen Mutterschutz
ab der 17. Woche: 6 Wochen Mutterschutz
ab der 20. Woche: 8 Wochen Mutterschutz
Diese Staffelung berücksichtigt die zunehmende körperliche und psychische Belastung mit fortschreitender Schwangerschaft. Sie schafft klare Rahmenbedingungen – und entlastet damit nicht nur die betroffenen Frauen, sondern auch Personalverantwortliche und Teams.
Zahlen, die bisher fehlten
Offizielle Statistiken zu Fehlgeburten in Deutschland existieren nicht. Das allein ist bereits bemerkenswert. Laut Schätzungen des Fraunhofer FIT kommt es jährlich zu etwa 90.000 Fehlgeburten:
etwa 84.000 vor der 13. Schwangerschaftswoche
etwa 6.000 zwischen der 13. und 24. Woche
Auch ich zähle zu diesen 6.000 Frauen. Die Erfahrung einer späten Fehlgeburt verändert nicht nur das private Leben, sondern wirkt tief in den beruflichen Alltag hinein.
Diese Gruppe profitiert nun konkret vom neuen Mutterschutz. Etwa 6.000 Frauen pro Jahr erhalten damit erstmals eine rechtlich abgesicherte Auszeit – mit allen sozialrechtlichen Folgen, die ein regulärer Mutterschutz mit sich bringt.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Die neue Regelung ist mehr als nur ein zusätzlicher Anspruch im Mutterschutzgesetz. Sie ist ein Zeichen der gesellschaftlichen Anerkennung für etwas, das zu lange verdrängt wurde. Wer eine Fehlgeburt erlebt, verliert nicht nur ein ungeborenes Kind, sondern auch eine Vorstellung vom Leben, wie es hätte werden können. Dass dieser Verlust nun nicht mehr rechtlich unsichtbar bleibt, ist ein bedeutsamer Fortschritt.
Die Änderung wurde maßgeblich durch zivilgesellschaftliches Engagement angestoßen – unter anderem durch eine Petition der Autorin Natascha Sagorski, die über 75.000 Unterstützende fand. Der politische Wille folgte – und das einstimmige Votum des Bundestags spricht für sich.
Was bleibt offen
Nach wie vor gibt es keinen gesetzlichen Mutterschutz für Fehlgeburten vor der 13. Woche – obwohl diese mit Abstand am häufigsten vorkommen. Auch das bleibt ein Thema. Auch hier besteht Handlungsbedarf. Trotzdem ist die neue Regelung ein Signal in die richtige Richtung. Sie erleichtert den Umgang im betrieblichen Alltag, sie schafft Klarheit für alle Beteiligten und sie öffnet die Tür für weitere Gespräche.
Die Begleitung von Menschen in schwierigen beruflichen Situationen erfordert Haltung, Erfahrung und den Mut, auch Tabuthemen nicht zu umgehen. Als Beraterin und frühere Personalleiterin unterstütze ich dabei, solche Prozesse im Unternehmen sensibel und klar zu gestalten. www.susann-hinz.de
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